INTERESSE.

Fotografie: Susanne Dressler

/Mitteilung./ Liebe A., ich habe über die Pressemitteilung nach gedacht. Über das, was da drin stehen könnte. Und dann habe ich gemerkt, dass ich das nicht möchte: eine “neue”, eine “andere” Pressemitteilung schreiben. Und das heißt jetzt aber bitte nicht, dass ich den Leuten nicht erzählen möchte, was ich mit dem >KLOHÄUSCHEN „vor habe“. Was ich da „mache“. Oder was ich „sonst“ so mache. Oder was ich „früher“ einmal gemacht habe. Oder worum es in dem Text, den ich am 28. April vorlesen werde, eigentlich geht.

Die Entscheidung, darüber nichts zu schreiben, hat vielmehr damit zu tun, dass ich diesen Leuten nichts „erzählen“ möchte, wonach sie nicht selbst „gefragt“ haben. Woher weiß ich denn, ob sie das überhaupt „interessiert“? Ich kenne sie ja nicht einmal. Vielleicht möchten Sie etwas ganz Anderes wissen? Oder vielleicht möchten sie gar nichts von mir wissen? Weil ihr Schreibtisch wie auch ihr Kopf ohnehin schon voll genug ist? Zugeknallt mit einem ganzen Haufen von Pressemitteilungen. Oder schlimmer noch: vielleicht „wissen“ sie schon alles!!! Und dann wissen sie ohnehin viel mehr als ich. Und womöglich wäre das viel interessanter als das, was ich weiß…

Verstehst Du, was ich meine, A.?

Das ist eine “Haltung”. Und keine “Verweigerung”. Oder gar der Versuch, sich interessanter zu machen, als man ist. Ich sehe das als eine “Einladung”. Die Einladung, mir Fragen zu stellen. Eine einzige Frage würde mir schon reichen. Gerne auch per mail und über Dich. Oder hier im Internet. Auf diese Weise „teilen“ wir die Frage nämlich schon wieder mit Anderen, die sich vielleicht dasselbe fragen, verstehst Du?

Meinst Du, Du könntest das rüber bringen, ohne dass es drüben „zickig“ oder „arrogant“ oder „unverschämt“ oder “wichtigtuerisch” ankommt?

Das wäre mir ein echtes Anliegen, A.. Ich denke, es ist wichtig, dass dem >BEDÜRFNIS, sich mitzuteilen, ein offenes Interesse gegenüber steht. Dass es ein echtes >GEGENÜBER gibt. Einen Menschen. Jemanden, der sich oder mich “fragt”. Sonst kann es sich nämlich nicht „mitteilen“, verstehst Du? Es findet buchstäblich niemanden, der ihm das „abnimmt“.  Das ist das Problem! Es läuft buchstäblich ins >LEERE. Und genau da wollte es doch raus, oder? Ich meine… Darum geht es doch! Die “Entleerung”, A.!!! Und da kann ich jetzt stundenlang Romane oder Briefe oder meinetwegen auch eine knappe Pressemitteilung darüber schreiben, dass es in diesem zweiten Kapitel um die “Stille” geht und was für einen Reichtum an Geräuschen diese Stille in sich birgt. Oder dass es in diesem “Buch” irgendwie um kreative >PROZESSE geht. Aber meinst Du denn, ich hätte damit irgendetwas “mitgeteilt”? Wem denn bitte? Und was denn bitte? Das “Sich mitteilen” geschieht doch auf einer ganz anderen Ebene. Es geschieht in diesem merkwürdigen “Beisammensein” von ein paar Menschen. Es geschieht in diesen 20 Minuten, in denen ich “lese” und die Anderen “zuhören”. In denen sie nicht nur “hören”, “was” ich lese. Sondern auch wie ich “lese”. Und vielleicht auch “hören”, wie die Anderen “hören”, verstehst Du? Oder meinetwegen hören, wie der Bus vorbei fährt. Oder wie einer unter der Bahnunterführung Saxofon übt. Darum geht es. Zumindest ging es beim letzten Mal darum. Und dann ging es vielleicht auch um das Eingesperrtsein und um das Ausgesperrtsein. Oder um die Frage, ob ich mich jetzt eingesperrt oder die Anderen ausgesperrt habe? Und jedenfalls ging es doch gar nicht um diesen Text, A.. Es ging um lauter Dinge, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Die ich kein bisschen geplant hatte. Auf die ich buchstäblich keinen Einfluss habe. Und selbst wenn ich all das schon vorher wüsste: wie bitte soll ich es den Leuten “mitteilen”, wenn sie nicht mit mir “teilen” wollen? Weil sie nicht “teilnehmen”? Da kann ich mir doch die Finger wund schreiben, wenn sie nicht kommen wollen! Und ich finde das auch völlig in Ordnung so. Man kann ja nicht überall hin gehen. Wo kämen wir denn da hin? Da müssten wir ja überall gleichzeitig sein. Und was dabei heraus kommt, das kann man doch jeden Tag in der Zeitung lesen. Da kann der Artikel noch so gut geschrieben sein. Es interessiert niemanden!!! Das ist das Problem. Und da haben wir es: Das Wort “Interesse”. “Dazwischensein” heisst das glaube ich, oder? Und das Beste ist: das Wort “Presse” reimt sich auch noch auf “Interesse”. Das fiel mir nämlich gerade beim Schreiben auf. Und da frage ich mich doch: müsste die Presse nicht einfach nur “dazwischen” stehen, statt immer nur “darüber”, “dahinter” oder “daneben” zu stehen? Einfach nur “v-e-r-s-t-e-h-e-n”, verstehst Du?

Lieben Gruß,
K.

Ein Kommentar zu “INTERESSE.

  1. Katalin

    Das Schöne an solchen Briefen aus dem “Off” ist ja: man bekommt dann auch eine Antwort aus dem “Off”…

    ;-)

    Danke Dir, A.!

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