August, 2012

FEEDBACK.

/Bericht./ Stell Dir vor, S.! Neulich auf der Akademieausstellung habe ich die Antwort auf unsere Frage bekommen. Ob und was man als Künstler “verdient”… Die Antwort ist – “nichts”. Weil es ist die falsche Frage ist. Ganz einfach. Ein Künstler “verdient” nichts, weil er sich “gibt”. Bedingungslos. Durch seine Arbeit. Die Gesellschaft, die Menschen, stellen ihn dafür frei. Weil sie die Gabe des Künstlers bereichert, nährt… In der Folge nähren die Menschen den Künstler. Weil der Künstler die Menschen nährt… So einfach ist das. Das ist kein “Leisten” und “Verdienen”, das ist ein “Nähren” und “Genährtwerden”. Ein “Füttern” und “Zurückfüttern”, wie das englische Wort “Feedback” so schön sagt. Der Künstler muss dafür in Vorleistung gehen. Das hat mir die Arbeit von Melina Hennicker sehr klar gezeigt:

Sie hat sich im Garten der Akademie einen Turm gebaut und sich darin dem Feedback der Besucher ausgesetzt. Ihre einzige Schnittstelle zu den Besuchern war eine transparente Schachtel, die mit Hilfe einer Seilbahn zwischen ihr und den Besuchern verkehrte. Es gab einen kleinen, handgeschriebende Zettel in der Schachtel, auf dem in wenigen Stichpunkten das Setting ihres Projektes beschrieben war: dass sie da oben in dem Häuschen war… dass sie dort nichts hatte… außer ihrem Schlafsack und einer Isomatte… dass man ihr über die Seilbahn etwas schicken konnte… dass sie nicht antworten würde… und dass sie alles weg werfen würde, was sie nicht brauchen konnte… undsoweiter.

Ich fragte sie, ob sie da oben nicht Angst hatte, zu verhungern. So völlig ausgeliefert und angewiesen auf das, was man ihr zum Überleben gab. Und tatsächlich war das so. Am Anfang. Weil ihr die Leute nur Süßigkeiten und Briefe schickten. Sie hatte aber furchtbaren Durst. Und sie machte sich Sorgen, dass sie austrocknen würde. Bis ihr jemand eine Flasche Cola schickte. Danach schlug die Versorgungslage um. Vielleicht, weil sie mit dieser braunen, klebrigen Flüssigkeit das Vertrauen tankte, dass man sie nähren würde? Und tatsächlich… In der Folge schickten ihr die Leute alles, was sie zum Überleben brauchte: Wasser, Obst, Kekse, warme Mahlzeiten, Bier, Wein, Bücher, Klopapier, ja sogar einen Spiegel… Nach einer Woche etwa musste sie das Experiment abbrechen. Seltsamerweise nicht aus Unterversorgung, sondern aus Übersättigung. Weil sie Angst hatte, an dem Feedback der Menschen zu ersticken. Stell Dir vor… Weil sie nichts zurück oder weiter geben konnte. Und weil sie es nicht fertig brachte, das “Zuviel” an Zuwendungen abzulehnen. Oder etwas wegzuwerfen.

Ist das nicht überwältigend? Die bestechende Klarheit dieses Bildes…

K.