Dezember, 2011

KABAKOV.

/Mitteilung./ Stell Dir vor, A.. Zuhause angekommen habe ich gleich nach der Geschichte von der Fliege gesucht und dabei fest gestellt, dass es sich gar nicht um eine Fliege, sondern um eine Ameise handelte. Zumindest in der Geschichte von >ILYA KABAKOV, die von seinen Erinnerungen an die Abende im Landhaus erzählt und die ich für Dich hier aufschreiben möchte:

“…Das Blatt war eine aus dem Katalog herau gerissene Seite, eine Reproduktion eines gewöhnlichen Kinderbuchumschlages vom Anfang der 50er Jahre. Oben, mit ziemlich anspruchsloser Schrift geschrieben, stand der Name des Autors, darunter, im oberen Drittel des Bildes, war eine AMEISE dargestellt, eine gewöhnliche AMEISE, ausgeführt in zaghafter, naturalistischer Manier (…) Aber viele Jahre hindurch, im Verlauf der zahllosen Abende, als wir zu dritt, manchmal auch in größerer Gesellschaft, abends auf der Terrasse saßen, zog diese AMEISE stets unsere Aufmerksamkeit auf sich. Die Wirkung, die sie auf uns ausübte, war unerklärlich; sie setzte sofort ein, mit dem Moment, wenn wir ihre Anwesenheit an der Wand entdeckten. Sie erzeugte irgendeine besondere innere Erleuchtung, einer Entzückung ähnlich, den Wunsch, sie immerzu anzusehen ohne sich abzuwenden – und gleichzeitig, aus irgendeinem Grund, ein homerisches Lachen. Aber nicht nur unser Lachen war es, was unsere AMEISE hervorrief. Ihr Anblick löste bei jedem von uns Eskapaden, Erinnerungen, Forschungsreisen in entfernteste Wissensregionen aus. Es gab darunter philosophische Betrachtungen, kunsthistorische Untersuchungen und ganze Geschichtswerke, doch all das hatte seinen Anfang und Urantrieb in dem Anblick unserer AMEISE, die für alles ein geheimnisvoller, unerklärbarer Grund und Anlass war.”

Und jetzt kommt eine sehr schöne Stelle, A.. Achtung!

“Doch die AMEISE hing ständig, unentfernbar an der Wand und nahm das Feld der Aufmerksamkeit ein, das eigentlich nach Platz und Rang einer ganz anderen Sache gebührt hätte. Es ist klar welcher Sache – einem Bild. Und so, auf eine Stelle schauend, an der wir nach all unseren Erwartungen damit rechneten, ein Bild zu sehen, entdeckten wir die AMEISE und wurden dadurch mit etwas Unwahrscheinlichem konfrontiert, das in unserem Bewußtsein eben diesen Funken entzündete. Gerade diese Aufeinanderprojektion rief eine Flut von Assoziationen, Bildern und Vergleichen hervor, ALS WÄRE UNSERE AMEISE EIN BILD. Aber wir wussten doch, dass die AMEISE kein Bild ist und deshalb wurden all unsere Assoziationen aus unserem inneren freien Spiel des freien frohen Wunsches nach Improvisation geboren, aus dem unendlichen Spiel unserer Phantasie.”

;-)

K.