GEBEHÜTTE.

Bild: Joachim Trapp, "Gebehütte".

/Gedankenaustausch./ Lieber J., es fällt mir schwer, den Ausführungen Gero Jenners zu folgen. Richtig ist, dass wir in einer “do-ut-des-Gesellschaft” leben: “Ich gebe, damit Du geben mögest.” Aber genau diese Grundvoraussetzung ist in meinen Augen das Problem. Denn es ist ein “Geben-um-zu-kriegen”. Ein typischer >UM-ZU-JOB, könnte man sagen. Das “freie” Geben, so wie ich es verstehe, ist ein Geben um des Gebens willen, verstehst Du? Und dazu braucht es >RAUM. Einen >RAUM, der es uns ermöglicht, zu geben, was wir zu geben haben. Bedingungslos. Die Frage ist, ob dieser Raum staatlich verankert werden muss. Oder ob es nicht vielmehr ein innerer, ein geistiger >RAUM ist, den jeder für sich selbst finden und öffnen muss. Oder der einem möglicherweise durch Andere gegeben wird. Wie man selbst ihn auch anderen gibt.

Ich denke, der Witz an dem Grundeinkommen ist gar nicht das bedingungslose Einnehmen. Es ist das bedingungslose Ausgeben, das damit möglich wird. Plötzlich könnten die Leute geben, ohne darauf zu schauen, ob sie dafür auch etwas kriegen. Oder ob es sich für sie bezahlt macht etc.. Die Ausrede, dass sie ja von irgendetwas leben müssten, würde weg fallen. Denn sie haben ja schon alles, was sie zum Leben brauchen. Diese Idee ist tatsächlich revolutionär. Ich frage mich nur, ob dann nicht unser ganzes Wirtschaftssystem zusammenbräche und was für Folgen das wohl für uns alle hätte? Schließlich basiert unser System auf dem Brauchen, dem Kriegenwollen und auf der Angst ums Überleben…

So long.
K.

2 Kommentare zu “GEBEHÜTTE.

  1. Joachim Trapp

    Geben um des Gebens willen. Ja, das ist vielleicht die höchste Stufe. ( Vielleicht wird diese Stufe immer nur einer kleinen Minderheit möglich sein ). Davon abgesehen glaube ich, dass mit Blick auf eine gesamtgesellschaftliche Tendenz es eines gewissen Reifegrades bedarf. Für mich ist die spannende Frage, wie man vom Gegebenen aus ein gutes Stück hin zu solcher Reife kommt, immer mit Bezug auf die gesellschaftliche Mehrheit. Denn ohne die dürfte eine Umstellung große bis größte Schwierigkeiten mit sich bringen.

    Kennst Du meine Zeichnung und mein Projekt “Gebehütte”? Da geht es um einen Ort der Übung und Einübung als Vehikel und Voraussetzung für das Erwähnte. Deine Bedenken bezüglich möglicherweise entstehender Instabilitäten teile ich. Wie könnten z.B. unabdingbare Arbeiten gewährleistet werden, die mit Belastungen oder gar Gefährdungen der eigenen Person verbunden sind? Z.B. durch besonders hohe Vergütung? Ich glaube, niemand kann derzeit vorhersagen, wie es sich entwickeln würde. Es laufen ja ein paar lokal begrenzte Versuche mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, z.B. in Afrika. Im Kern halte ich die Idee, die Menschen von der Notwendigkeit zur Erwerbsarbeit freizustellen, für bedenkens- und erstrebenswert. Dennoch halte ich es für möglich, dass ein bedingtes Grundeinkommen mit Bezug auf das Ganze letzlich die produktivere und förderlichere Lösung sein könnte. So wie es die annähernd völlige oder vollkommene Freiheit nur in seltenen und zeitlich bemessenen Ausnahmefällen gibt. Und wenn das Sortiment möglicher Arbeiten erheblich ausgeweitet würde, verschwömmen für mich ohnehin die Ränder zwischen bedingt und bedingungslos. Eine Frage, die ich für ganz zentral halte, ist die der Gerechtigkeit. So habe ich schon als Kind immer wieder gefragt, wie jemand ein Haus sein eigen nennen könnte, wenn er selber darin gar nicht wohnt. Wirklich verstehen kann ich es bis heute nicht, wie selbstverständlich und verbreitet es auch betrachtet wird und akzeptiert ist. Wo man ist, zu sein, ohne dass jemand anderes seine Bedingungen dir diktiert, um bleiben zu dürfen wo man ist. Dies für heute. J.

  2. Katalin

    Magst Du mir ein Bild von der “Gebehütte” schicken? Dann kann ich es hier posten… Und vielleicht kannst Du das Projekt noch kurz erklären?

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