BLÖD.

/Gedankenaustausch./ Lieber R., die Stelle zu dem Gefangenen-Dilemma habe ich noch einmal raus gesucht und das fand ich hoooochinteressant. Weil es das Problem unserer Ich-bin-doch-nicht-blöd-Gesellschaft so klar zeigt. Kurz zu dem Dilemma…

Nach einem schweren Einbruch werden zwei tatverdächtige Personen fest genommen und getrennt verhört. Leider gibt es für die Tat keine Beweise. Immerhin könnte der Richter beide Verdächtigen aufgrund der Indizien für je zwei Jahre verknacken. Nun macht er folgenden Vorschlag: wenn beide kooperieren und die Tat gestehen, bekommen beide vier Jahre. Das ist deutlich schlechter, als gemeinsam zu schweigen. Denn damit kriegt jeder höchstens zwei Jahre. Sollte aber einer von beiden die Tat auf sich nehmen, also gestehen, während der andere schweigt, dann wird der Geständige frei gelassen und der andere bekommt die Höchststrafe von fünf Jahren.

Wie also werden die Gefangenen entscheiden?

Die Tat gestehen lohnt sich eigentlich nur, wenn ich sicher sein kann, dass der andere schweigt. Wenn der nämlich auch gesteht, bekommen beide vier Jahre. Folglich ist es deutlich besser, zu schweigen. Das sind je zwei Jahre für jeden. Was aber, wenn der andere gesteht? Weil er sich möglicherweise darauf verlassen kann, dass ich schweige, der Schuft? Dann hätte ich die Arschkarte und bekäme die Höchststrafe von fünf Jahren. Während der andere frei kommt. Und ich bin doch nicht blöd, oder? Da gestehe ich doch lieber selbst! Dann habe ich wenigstens die Chance, frei zu kommen und bekomme im schlimmsten Fall vier Jahre…

Was mich an diesem Dilemma fasziniert ist tatsächlich dies: dass es zeigt, wie sehr die Fähigkeit zur Kooperation mit der Einschätzbarkeit, Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Verbindlichkeit von persönlichem Verhalten zu tun hat. Und wie sehr eine Gesellschaft, in der diese Werte verkümmern, nur noch zur Vermeidung und Absicherung von Risiko erzogen wird. Eine typische Ich-bin-doch-nicht-blöd-Gesellchaft, oder?

Das Risiko, sich kooperativ zu verhalten, kann man schließlich nur auf sich nehmen, wenn man sicher sein kann, dass der andere das auch tut. Tut er es nicht, hat man selber immer die Arschkarte. Umgekehrt lohnt es sich aber auch erst durch das kooperative Verhalten anderer so richtig, ein opportunistisches Arschloch zu sein. Denn je verlässlicher die anderen auf Kooperation setzen, desto sicherer kann man sie abzocken…

Das richtig Blöde daran aber ist dies: durch diese kollektive Ich-bin-doch-nicht-blöd-Denke geht es allen deutlich schlechter, als würden sie sich darauf einigen, zu kooperieren. Im Beispiel des Gefangenendilemmas: Könnten sie einander vertrauen und sich aufeinander verlassen, dann hätten beide nur zwei Jahre. So aber kriegen beide 4 Jahre. Und zwar nur, weil sie “sicher” gehen wollen, dass sie keine fünf Jahre kriegen. Weil sie kein Risiko eingehen wollen…

Der Hammer, oder?

K.

P.S.: Die Progos sind übrigens voll klasse. Die nehmen wir! Aber nicht vom Media Markt. Ich bin doch nicht blöd!

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