SOCIALBRANDING.

/Begriffsklärung./ Vielleicht kann man die Idee  der sozialen Markenentwicklung oder des “Social Brandings” am besten vor dem Hintergrund des “Self Brandings” verstehen, lieber G.. Was nicht heissen soll, dass ich Letzteres verwerflich finde. Wir alle sind darauf angewiesen, dass man uns “sieht” und “toll” findet. Dass man uns in der Folge “beauftragt” und uns für unsere Arbeit “bezahlt”. Und da liegt es doch nahe, dass man für sich “sorgt”. Indem man für sich wirbt. Es sorgt und wirbt ja sonst keiner für einen. Das ist das Problem! Und wie sollen die Leute wissen, dass es einen gibt und dass man toll ist, wenn man es ihnen nicht ständig und überall “zeigt”? Oder “sagt”?

Das Problem des “Self Brandings” ist ein ganz anderes. Und wie soll ich das nur erklären ohne jetzt einen ganzen Roman zu schreiben?

Ich glaube, das “Self Branding” überwindet zunächst ein Rezeptionsproblem. Zumindest wenn es gut gemacht ist. Denn immerhin wirst Du damit wahr genommen, gesehen. Aber es scheitert an einem Glaubwürdigkeits-, Vertrauens- oder Beziehungsproblem. Denn angenommen, mein Gegenüber interessiert sich überhaupt dafür, was ich ihm zu sagen habe… Und er nimmt sich auch noch die Zeit dafür, sich damit zu beschäftigen… Es sich anzuschauen, es zu lesen undsoweiterundsoweiter… Woher weiß er dann, dass ich nicht „lüge“? Oder zumindest „übertreibe“? Vielleicht „irre“ ich mich auch nur? Womöglich bin ich “verblendet”? Die Frage ist: wie können sich Andere darauf “verlassen”, dass ich die Wahrheit sage? Wie können sie mir “vertrauen”? Wie können sie sich selbst ein “Bild” von mir machen, das ihr eigenes Bild ist? Wie können sie eine “Beziehung” zu mir haben?

Kritiker werden entgegen, das sei bei der sozialen Variante der Kommu- nikation auch nicht besser. Wenn man sich den Shitstorm ansieht, dem der ehemalige Bundespräsident ausgesetzt war, dann kann man sich genauso fragen: ist es wirklich „wahr“, was die Leute sich erzählen? Ist dieser Mann wirklich so furchtbar? Oder „lügen“, „übertreiben“, „irren“ wir uns nicht mit Bezug auf seine Person, wie er nicht müde wird, uns zu versichern? Ist der arme Kerl nicht nur Spielzeug der Medien, die mit ihren Geschichten tagtäglich neue Kaninchen aus ihren Ärmeln hervor zaubern, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Um ihre Verkaufszahlen zu erhöhen? Was ist denn jetzt die „Wahrheit“ über diesen Mann? Und wie finde ich sie heraus? Offenbar ist da die Meinung Anderer kein hilfreiches Instrument.

Ich denke, dieser Auffassung liegt eine falsche Vorstellung davon zugrunde, was soziale Markenentwicklung oder eben „Social Branding“ ist.

„Social Branding“ ist in meinen Augen nicht die Idee, dass die „Wahrheit“ eines Produktes, einer Person oder eines Unternehmens in dem Urteil Anderer verankert ist. Sei es in ihrer Bewunderung oder in ihrer Verachtung. Und dass es in der Folge darum gehen muss, dieses Urteil entsprechend zu beein- flussen. Dafür zu sorgen, dass andere möglichst gut über einen denken und reden etc.. Womöglich im Internet irgendwelche Viren in Umlauf zu bringen, mit dem Plan, dass sie eine Epidemie auslösen…

„Social Branding“, wie ich es verstehe, ist vielmehr die Idee, dass die „Wahrheit“ eines Produktes, einer Person oder eines Unternehmens in ihm selbst verankert ist. Und dass sie völlig unabhängig davon existiert, was Andere darüber „denken“ oder „sagen“. Insofern genügt es schon voll- kommen, einfach nur zu „sein“. Schonungslos und möglichst vollständig der zu „sein“, der man „ist“. Und hätte der ehemalige Bundespräsident nach diesem Prinzip gelebt und gearbeitet, dann wäre er wohl heute noch im Amt. Oder er wäre gar nicht zu diesem Amt gekommen. Und die Frage ist durchaus berechtigt, ob das nicht weitaus besser für ihn gewesen wäre… Kunden, die mich darum bitten, den Leuten zu erzählen, wie toll sie sind, sage ich auch gerne, dass sie das den Leuten nicht „erzählen“ müssen. Es genügt vollkommen, es zu “sein”. Denn wenn es nicht stimmt, werden es die Leute schnell heraus finden. Wenn es aber stimmt, wissen sie es längst. Und man sollte die Leute nicht mit etwas langweilen, das sie ohnehin längst wissen.

Na schön. Die Leute wissen es, wirst Du vielleicht sagen. Aber sind es auch die richtigen Leute, die es wissen? Sind es nicht zu wenige Leute, die es wissen? Muss ich die Leute nicht darin bestätigen, was sie ohnehin schon wissen? Undsoweiterundsoweiter. Ich denke, all das läuft doch wieder nur auf unsere ursprüngliche Fragestellung hinaus:

Woher wissen die Leute, dass es mich a) gibt und dass ich b) toll bin? Oder dass ich ein tolles Produkt, ein tolles Angebot oder ein tolles Unternehmen habe?

Die Antwort des „Social Branding“ ist da erschreckend nüchtern und einfach:

Von den Anderen.

Und woher wissen es die Anderen?

Von Anderen.

Und die?

Von wieder Anderen, mit denen sie im Gespräch sind. Und die es vielleicht selbst gesehen, erlebt oder erfahren haben. Weil sie eine persönliche Begegnung, ein Erlebnis oder eine Erfahrung mit mir geteilt haben. Weil sie mit mir “reden”, sich mit mir “austauschen”, mit mir “zusammen arbeiten”. So wie ich mit ihnen “rede”, mich mit ihnen “austausche”, mit ihnen “zusammen arbeite”.

Insofern könnte man auch sagen:

„Social Branding“ ist nicht die Summe all dessen, was andere “über” mich reden, sondern die Summe dessen, was ich “mit” anderen teile. Es ist kein “übereinander” sondern ein “miteinander”, bei dem jeder Teilnehmer dazu beiträgt, dem Anderen eine Kontur oder ein Profil zu verleihen. Es geht dabei nicht um “mich”. Es geht um “uns” alle.

Das ist für mich das Faszinierende daran…

;-)

K.

Ein Kommentar zu “SOCIALBRANDING.

  1. Csilla Maria Durku

    Danke für diese Gedanken. Ich kann gut dazu stehen, denn genau das geschieht in Heilungs-Prozessen, sowie auch in Kreativ-Prozessen. Ich nenne es: zurück zur eigenen Identität finden, und das geht nun mal nicht alleine. Aber da liegt der Kern, nämlich das natürliche ich, in Verbindung, bzw. durch Verbindung mit Anderen. das Ich ist gut genug für diese Welt.

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